Weihnachten 2019
500 Jahre altes Kruzifix kommt zu neuen Ehren
Restaurierung: Gerold Ahrends legt Schicht für Schicht Geschichte frei
Lauenburg. Seit über 500 Jahren hängt das Kreuz in der Lauenburger Maria-Magdalenen-Kirche - nicht immer an so exponierter Stelle wie jetzt. Und nicht immer wurde schonend mit ihm umgegangen. Die Zeit des protestantischen Bildersturms hat es überstanden, doch frühere Restauratoren haben ihre Spuren hinterlassen. Zeit, Staub und Licht sowieso. Das Ergebnis sind lose Farbschollen, weiße Bereiche, in denen die Grundierung durchblitzt und dunkle Flecken, die nach der letzten Restaurierung blieben.
Der Lauenburger Restaurator Gerold Ahrends hat Kreuz und Christusfigur genau untersucht. Denn er und seine Frau Yvonne Erdmann sollen es im kommenden Jahr instand setzen. „Eigenlich sollte es schon in diesem Jahr losgehen, doch die Kirchengemeinde wartet noch auf einen Förderbescheid“, erläutert Ahrends. Etwa 10.000 Euro, so seine Schützung, wird die Restaurierung kosten.
„Es ist ein kostbares Kruzifix, wohl von einem Lübecker Meister gestaltet“, sagt Ahrends und zeigt alte Bilder auf dem Bildschirm. Solche historische Aufnahmen helfen den Restauratoren immer wieder. „Es ist für unsere Arbeit sehr wertvoll, dass schon Ende des 19. Jahrhunderts gute Fotos entstanden sind.“
Foto links:
Ortstermin unter dem Altarkreuz: Regina Szymanski, Liane Kreuzer von der Bauabteilung des Kirchenkreises, Restaurator Gerold Ahrends, Dr. Jürgen Jonkanski vom Landesamt für Denkmalschutz, Klaus-Peter Gauer vom Denkmalschutz des Landeskirchenamtes und der Lauenburger Pastor Phiilip Graffam.
(Foto: Karin Lohmeier)
Letzte Restaurierung 1953
Früher stand das Kreuz wohl auf einem Lettner - einem Bau, der Chor und Kirchenschiff trennte. Lange Zeit hing es auch unter einem Hauptbogen. Ahrends: „Da hat man wohl unten ein Stück abgesägt, das später wieder angesetzt wurde.“ Vermutlich von Karl Fey, der die letzte Restaurierung im Jahr 1953 vorgenommen hat. Fey entfernte alle Übermalungen, stellte die ursprüngliche Version von 1500 wieder her. „Das würde man heute nicht mehr so machen, denn damit nimmt man dem Objekt ja auch seine Geschichte“ erklärt Gerold Ahrends. Immerhin habe Fey alle Fassungen, die er abnahm, gut dokumentiert.
Erneut übermalen wird Ahrends die Ursprungsfassung nicht. Denn die präsentiert sich in den klassischen Farben des Mittelalters: Polimentvergoldung und Azurit (blau) für den Lendenschurz, Grünspan für die Dornenkrone, Zinnober und Orange für das Blut. „Das werden wir so konservieren“, sagt der Lauenburger.
Die losen Farbschollen werden Stück für Stück entfernt und durch neue Farbe ersetzt. Festigen, reinigen, Schimmel entfernen - das sind weitere Arbeitsschritte. „Danach muss gemeinsam mit dem Kirchenkreis und dem Landesamt für Denkmalpflege überlegt werden, ob es zusätzliche Farbretuschen geben soll oder ob man es dabei belassen wird“, so Ahrends.
Etwa einen Monat schätzt er, werden die Arbeiten dauern. Weil das Objekt so groß ist, bleibt es während der Restaurierung an Ort und Stelle. „Das Kruzifix ist etwa fünf Meter lang und wiegt 250 Kilogramm“, erklärt Ahrends, Darum wird in der Maria-Magdalenen-Kirche ein Gerüst aufgebaut. Auch die Aufhängung an Ketten - einst von der Hitzler-Werft gesponsert - steht zur Diskussion. Möglicherweise wird sie durch dünnere Metallschnüre ersetzt. Und die Restauratoren planen eine Lichtmessung. Denn Sonnenlicht kann Farbe und Material erheblich schädigen.
In ihrer Werkstatt an der Elbstraße 68 restaurieren Gerold Ahrends und Yvonne Erdman unter anderem historische Gemälde. Oft sind sie unterwegs - momentan arbeiten sie im Ahrensburger Schloss und im Emil-Nolde-Museum in Seebüll.
Auch den Marienleuchter der Maria-Magdalenen-Kirche hat das Paar bereits instand gesetzt - er wurde im März 2018 wieder im Kirchenschiff aufgehängt. Gerold Ahrends freut sich, dass sie nun auch das Lauenburger Kirchenkreuz restaurieren dürfen. „Für uns ist es ganz wunderbar, so ein tolles Objekt hier vor Ort zu haben.“
Lauenburger Landeszeitung, von Karin Lohmeier, Weihnachten 2019